Wann ist ein Fund ein Fund?

Erbrecht
Ist doch klar, wird so mancher sagen. Entdecke ich einen liegen gebliebenen Gegenstand, dann ist es eine Fundsache. Doch das trifft nicht immer zu, wie kürzlich eine vermeintliche Finderin feststellen musste.
Nach den gesetzlichen Regeln zum Fund darf der Gegenstand, den der Finder entdeckt nicht herrenlos, sondern nur besitzlos sein.
Besitzlos wird eine Sache dadurch, dass der Besitzer die tatsächliche Gewalt über eine Sache nicht mehr ausüben kann, weil er nicht mehr weiß, wo sich die Sache befindet.
Deshalb ist eine vom Besitzer versteckte Sache nicht besitzlos, denn der Besitzer weiß wo sich die Sache befindet, da er diese ja selbst versteckt hat.
Aus diesem Grund ging eine „Finderin“ in einem vom Amtsgericht München (Urteil vom 04.12.2020, Aktenzeichen 111 C 21915/19) entschiedenen Fall leer aus.
Die Mieterin einer Wohnung beauftragte unter anderem wegen einer defekten Steckdose einen Elektriker mit der Kontrolle. Im Rahmen der Kontrolle fand sie in einem Hohlraum hinter der Steckdose Euro- und Dollarnoten im Wert von knapp € 80.000. Die Geldnoten wurden der Polizei übergeben, die diese wiederum dem Fundbüro der Stadt München aushändigte. Das Fundbüro wiederum meinte, dass die Geldnoten in den Nachlass des verstorbenen Vormieters der Wohnung gehörten.
Über den Nachlass des verstorbenen Vormieters wurde beim Amtsgericht ein Nachlassverfahren geführt, für das eine Nachlasspflegerin bestellt war. Dieser händigte das Fundbüro die Geldnoten aus.
Nachdem sechs Monate seit der Übergabe der Geldnoten vergangen waren, verlangte die Mieterin von der Nachlasspflegerin die Herausgabe der Geldnoten, weil sie als Finderin aufgrund des Zeitablaufs das Eigentum an den Geldnoten erworben habe.
Zum besseren Verständnis ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass nach § 973 BGB der Finder einer Sache Eigentum am Fund erwirbt, wenn seit der Anzeige des Fundes bei der zuständigen Behörde sechs Monate vergangen sind, ohne dass ein empfangsberechtigter Besitzer bekannt geworden ist (entweder dem Finder oder der zuständigen Behörde).
Die Nachlasspflegerin lehnte die Herausgabe der Geldnoten ab, weil es sich bei diesen um keinen Fund nach den §§ 965 ff. BGB handeln würde.
Daraufhin klagte die Mieterin vor dem Amtsgericht München auf Herausgabe der Geldnoten.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, weil die insoweit beweisbelastete Mieterin nicht dargelegt und nachgewiesen hat, dass es sich bei den Geldnoten um eine verlorene Sache handelt. Der Umstand, dass die Geldnoten in einem Hohlraum hinter der Steckdose aufgefunden wurden, spricht dafür, dass diese dort vom Vormieter der Wohnung versteckt worden sind. Die Geldnoten wurden hierdurch nicht besitzlos, da der Vormieter, der die Geldnoten versteckt hat, wusste, wo sie sich befinden. Dadurch hatte er nach wie vor die tatsächliche Herrschaft über diese. Der Besitz erlosch auch nicht dadurch, dass der Vormieter verstarb, weil dessen Besitz nach § 857 BGB auf die Erben überging. Die Geldnoten waren damit nicht besitzlos. Sie befanden sich durch die Regelung des § 857 BGB im Besitz der Erben, auch wenn diese nichts davon wussten.
eingetragen am: 29.05.2022