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Adoption durch genetische Mutter nach Leihmutterschaft

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Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (Beschluss vom 28.02.2019, AZ 1 UF 71/18) kann die genetische Mutter ihr fremd ausgetragenes Kind bereits dann adoptieren, wenn die Adoption dem Kindeswohl „dient“.

Nach Auffassung des OLG stellt die Inanspruchnahme einer Leihmutterschaft keine „gesetzes- oder sittenwidrige Vermittlung oder Verbringung“ dar, so dass spätere Adoptionen nicht dem strengeren Maßstab der „Erforderlichkeit“ nach § 1741 Abs. 1       S. 2 BGB unterliegen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall ist die Beschwerdeführerin die genetische Mutter eines Kindes, das von einer ukrainischen Leihmutter ausgetragen wurde. Sie ist mit dem Vater des Kindes verheiratet. Die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann hatten in der Ukraine über eine sogenannte Leihmutterklinik Kontakt zu einer Leihmutter aufgenommen und mit ihr vereinbart, dass sie für die genetischen Eltern ein Kind austrägt. Die Schwangerschaft wurde im Wege der künstlichen Befruchtung unter Verwendung von Samenzellen des Vaters und Eizellen der Beschwerdeführerin herbeigeführt. Der Vater erkannte die Vaterschaft nach der Geburt des Kindes in der Ukraine an. Die Leihmutter stimmte der Sorgerechtsausübung durch die Beschwerdeführerin und der Adoption zu. Die genetischen Eltern kehrten gleich nach der Geburt nach Deutschland zurück und leben seit dem mit dem Kind in häuslicher Gemeinschaft. Die deutsche Geburtsurkunde weist den Vater und die ukrainische Leihmutter als Eltern aus.

Das Amtsgericht hatte den Adoptionsantrag der Beschwerdeführerin zurückgewiesen. Hiergegen legte die Beschwerdeführerin Beschwerde ein. Diese hatte Erfolg. Zunächst stellte das OLG klar, dass vorliegend deutsches Recht anzuwenden ist. Danach gilt die ukrainische Leihmutter, anders als in der Ukraine, als „rechtliche Mutter“, da sie das Kind geboren hat. Die Adoption ist jedoch auszusprechen, da sie im Sinne von § 1741 Abs. 1 S. 1 BGB dem Wohl des Kindes dient und zu erwarten ist, dass zwischen der Beschwerdeführerin und dem ´Kind ein Eltern-Kind-Verhältnis entsteht. Im vorliegenden Fall bestehe bereits eine enge und liebevolle Bindung und ein Eltern-Kind-Verhältnis zwischen der Beschwerdeführerin, dem Ehemann und dem Kind. Die Beschwerdeführerin habe die Mutterrolle mit den üblicherweise hierzu gehörenden Aufgaben übernommen und es ist davon auszugehen, dass sie dies auch weiterhin tun werde. Auch der
große Altersabstand steht der Adoption nicht entgegen, da nach heutigen Maßstäben ein solcher Altersunterschied jedenfalls nicht als atypischen Altersabstand angesehen werden kann. Auch gilt für die Adoption eines im Wege der Leihmutterschaft ausgetragenen Kindes, entgegen der Ansicht des Amtsgerichts, nicht der strengere Maßstab des § 1741 Abs. 1 S. 2 BGB. Danach wäre die Adoption nur zulässig, wenn sie „zum Wohl des Kindes erforderlich“ ist. Nach Auffassung des OLG bezieht sich dieser Teil der Vorschrift jedoch auf Adoptionen, bei denen der Annehmende unter anderem an einer gesetzes- oder sittenwidrigen Vermittlung oder Verbringung eines Kindes zum Zwecke der Annahme mitgewirkt habe, wie z.B. beim Kinderhandel. Nach Auffassung des OLG verstößt weder die Vermittlung der Leihmutterschaft noch die Verbringung des Kindes nach der Geburt nach Deutschland gegen deutsches Recht.

Verboten seien vielmehr die Leihmutterschaft selbst und ihre tatsächliche Inanspruchnahme. Um das Verbot der Leihmutterschaft effektiver durchzusetzen, könnte zwar vom Gesetzgeber daran gedacht werden, den strengeren Maßstab der Erforderlichkeit auf Adoption von im Wege der Leihmutterschaft ausgetragenen Kindern anzuwenden. Eine derartige Auslegung ohne entsprechende Gesetzesänderung würde jedoch dem im Grundgesetz verankerten Schutz der Familie nicht hinreichend Rechnung tragen. Artikel 6 Abs. 1 GG gebietet es nach Auffassung des OLG, dass das Kind (jedenfalls) seinen genetischen Eltern zugeordnet werden kann, die sich für sein Wohl und Wehe verantwortlich zeigen. Dies gilt hier insbesondere, da das Kind nach dem Heimatrecht der Leihmutter keine rechtliche Zuordnung zu dieser erfährt. Vor diesem Hintergrund müssen generalpräventive Erwägungen hinter das Kindeswohlprinzip zurücktreten. Sie dürfen nicht zu Lasten der betroffenen Kinder gehen.

eingetragen am: 18.04.2019