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Anspruch eines adoptierten Kindes gegen die leibliche Mutter auf Auskunft über die Identität des leiblichen Vaters

Kampf um das Sorgerecht

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In einem Beschluss vom 19.01.2022 (Az. XII ZB 183/21) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass ein adoptiertes Kind auch nach seiner Adoption einen Anspruch auf Auskunft gegen seine leibliche Mutter über die Identität des leiblichen Vaters innehat. In dem zugrunde liegenden Fall begehrte eine im Jahr 1984 geborene Antragstellerin von ihrer leiblichen Mutter die Auskunft über die Person des leiblichen Vaters. Die Antragstellerin war von einem Ehepaar adoptiert worden. Jahre später begehrte die Antragstellerin gegenüber der leiblichen Mutter, d.h. der Antragsgegnerin, die Auskunft über den leiblichen Vater. Nachdem die Antragsgegnerin außergerichtlich weder Namen noch Anschrift des leiblichen Vaters mitteilte, begehrte die Antragstellerin diese Auskunft im gerichtlichen Verfahren. Das Amtsgericht hatte den Antrag zurückgewiesen, weil der Antragsgegnerin, d.h. der Kindesmutter die Auskunftserteilung unmöglich sei. Auf die Beschwerde der Antragstellerin hat das Oberlandesgericht diese Entscheidung abgeändert und die Antragsgegnerin antragsgemäß verpflichtet, der Antragstellerin alle Männer mit vollständigem Namen und Adresse zu benennen, die der Antragsgegnerin in der gesetzlichen Empfängniszeit beigewohnt haben. Der Bundesgerichtshof hat die dagegen von der Antragsgegnerin eingelegte Rechtsbeschwerde zurückgewiesen. Anspruchsgrundlage für die begehrte Auskunft ist § 1618 a BGB. Danach sind Eltern und Kinder einander Beistand und Rücksicht schuldig. Hierbei wird ausgeführt, dass auch wenn die Vorschrift keine konkreten Sanktionen bei einem Verstoß vorsieht, doch zwischen Eltern und Kindern hieraus wechselseitig Rechtsansprüche entstehen können. Aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht folgt die verfassungsrechtliche Verpflichtung des Staates, der Schutzbedürftigkeit des Einzelnen vor der Vorenthaltung verfügbarer Informationen über die eigene Abstammung bei der Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen den Betroffenen angemessen Rechnung zu tragen. Dies sei bei der Auslegung des § 1618 a BGB zu berücksichtigen, zumal der Gesetzgeber einen Auskunftsanspruch nicht ausdrücklich geregelt hat. Mit dem Auskunftsanspruch wird das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung gestärkt, einer Rechtsposition von erheblicher verfassungsrechtlicher Bedeutung. Dem Auskunftsanspruch steht auch nicht die Tatsache entgegen, dass mit Adoption und dem aus § 1755 Abs. 1 Satz 1 BGB folgenden Erlöschen des rechtlichen Eltern-Kind-Verhältnisses, die leibliche Mutter nicht mehr die rechtliche Mutter des Kindes ist. Das Auskunftsschuldverhältnis zwischen Kind und Mutter ist vor der Adoption entstanden. Hier kann keine Schlechterstellung gegenüber Kindern erfolgen, deren rechtliche Eltern-Kind-Beziehung zu der leiblichen Mutter fortbesteht. Zwar könne grundsätzlich das Recht auf Achtung der Privat- und Intimsphäre der Mutter dazu führen, das Bestehen des Auskunftsanspruches zu verneinen. Im vorliegenden Fall wurde durch die Kindesmutter hierzu jedoch nichts vorgetragen. Mit der bloßen Mitteilung, sie könne sich an keinen möglichen Erzeuger erinnern, habe sie den Anspruch jedenfalls nicht erfüllt. Sie habe auch nicht dargelegt, dass ihr trotz aller zumutbaren Erkundigungen eine Erfüllung unmöglich ist.

eingetragen am: 29.05.2022