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Coronavirus SARS-CoV-2 – Auswirkungen auf meine Reiserechte

Reisevertragsrecht

Reiserecht

Die Sommerzeit naht, die Urlaubsreisen sind schon lange gebucht und dann das. Die weltweite Corona-Pandemie macht einen Strich durch alle Planungen.

Plötzlich sind alle Reisen im In- und ins Ausland unmöglich oder eingeschränkt.

Für das Ausland gilt nach derzeitigem Stand (29.05.2020) eine weltweite Reisewarnung des Auswärtigen Amtes bis einschließlich 14.06.2020.

Für das Inland gelten die Regeln der einzelnen Bundesländer, weil die Länder für die infektionsschützenden Maßnahmen zuständig sind. Zum aktuellen Stand der Länderregelungen kann und sollte man sich vor einer Reise über diese Webseite der Bundesregierung zu den aktuellen Corona-Regelungen in den Bundesländern erkundigen.

Sind Reisen im In- oder Ausland bereits gebucht, dann kommt es darauf an, ob eine Pauschal- oder Individualreise vorliegt.

Eine Pauschalreise liegt vor, wenn mindestens 2 verschiedene Reiseleistungen für den Zweck derselben Reise gebucht werden. Also bspw. bei der Buchung eines Fluges und einer Hotelunterbringung für den Urlaub auf Mallorca oder Sylt.

Dagegen liegt eine Individualreise vor, wenn man jeweils Einzelverträge abschließt, bspw. beim Bahnunternehmen eine Zugverbindung nach Rügen bucht und eine Ferienwohnung oder ein Hotelzimmer anmietet.

Für die Individualreise gilt das Recht des jeweiligen Einzelvertrages, also Beförderungsrecht oder Mietrecht oder Werkvertragsrecht. Hier kann es zu Schwierigkeiten kommen, wenn bspw. das Beförderungsunternehmen die Beförderung nach den landesrechtlichen Pandemieregelungen termingerecht erbringen kann, das gebuchte Hotel aber geschlossen ist. In diesem Fall kann man gegenüber dem Beförderungsunternehmen nicht einwenden, dass die Fahrt aufgrund der Hotelschließung nutzlos ist. Maßgeblich sind die für das Beförderungsunternehmen geltenden gesetzlichen Bestimmungen und die vereinbarten Vertragsbedingungen. Regelungen zur Fahrpreiserstattung bei einer Bahnfahrt enthalten § 9 Eisenbahn-Verkehrsordnung (EVO) iVm den jeweiligen Beförderungsbedingungen des Beförderungsunternehmens. So regelt bspw. § 9 I EVO iVm Ziff. 4.2 Beförderungsbedingung der Deutschen Bahn AG, dass nicht benutzte Fahrkarten vor deren ersten Geltungstag ohne Abzug erstattet oder umgetauscht werden.

Für die Pauschalreise sind die Rechte der Vertragsparteien nach Vertragsabschluss in §§ 651e bis 651h BGB geregelt.

Treten bei einer Pauschalreise, die für das Individualreiserecht beschriebenen Schwierigkeiten auf, dann ergeben sich für den Pauschalreisenden Rechte in Bezug auf das Gesamtleistungspaket.

Dem Pauschalreisenden steht vor Reisebeginn ein jederzeitiges Rücktrittsrecht zu, § 651h BGB. Allerdings kann der Reiseveranstalter dann eine Entschädigung verlangen, die in den Reisebedingungen meist als sogenannten Stornogebühren vereinbart sind.

Eine Ausnahme zum Entschädigungsanspruch besteht nach § 651h III BGB aber dann, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen.

Die gegenwärtige Virus-Pandemie stellt einen solchen Umstand dar.

Die weltweite Reisewarnung des Auswärtigen Amtes hat insoweit Indizwirkung. Dementsprechend können nach derzeitigem Stand (29.05.2020) aufgrund der weltweiten Reisewarnung bis zum 14.06.2020 stattfindende Pauschalreisen stornofrei gekündigt werden.

Dem Reisenden ist dann der Reisepreis spätestens innerhalb von 14 Tagen zurückzuerstatten, § 651h V BGB. Einen Gutschein kann der Reisende zurückweisen, denn das Gesetz sieht -derzeit- eine Reisepreisrückerstattung vor.

Sollte die weltweite Reisewarnung des Auswärtigen Amtes nach dem 14.06.2020 aufgehoben werden und es nur noch Reisewarnungen für einzelne Länder geben, dann kommt es für den kostenfreien Rücktritt darauf an, ob das jeweilige Urlaubsziel von der Reisewarnung betroffen ist.

Ist der Urlaub am Reiseziel der Pauschalreise möglich, dann können pandemiebedingte Einschränkungen in der Leistungserbringung (bspw. gebuchte, aber geschlossene Spa-Einrichtung im Hotel) zu Gewährleistungsrechten des Reisenden führen.

Will der Reiseveranstalter wegen absehbarer Einschränkungen am Urlaubsort die bereits vereinbarte Reiseleistung abändern, dann geht das einseitig, also ohne Einwilligung des Reisenden nur, wenn dies in den Vertragsbedingungen des Veranstalters vorgesehen und die Änderung unerheblich ist, § 651f II 1 BGB.

Ob eine Abänderung erheblich ist, beurteilt sich nach dem Anteil der Änderung in Relation zur gesamten Reiseleistung sowie danach, wie gravierend sich der Mangel für den Reisenden auswirkt (BGH-Urteil vom 17.04.2012, X ZR 76/11). So hat der BGH entschieden, das die Änderung von Besichtigungen im Rahmen einer Rundreise erheblich sein können (BGH-Urteil vom 16.01.2018, X ZR 44/17: Abänderung der Besichtigung der Verbotenen Stadt und des Platzes des Himmlischen Friedens im Rahmen einer China Rundreise).

Aber Achtung!!! Bei einer erheblichen Vertragsänderung sieht § 651g II 3 BGB eine Zustimmungsfiktion zur Vertragsänderung vor, wenn der Reisende auf das Änderungsangebot trotz entsprechender schriftlicher Information und Aufklärung über seine Rechte innerhalb einer vom Veranstalter zu bestimmenden Frist nicht reagiert. Will der Reisende die ihm vom Veranstalter angebotene erhebliche Vertragsänderung nicht annehmen, muss er den Rücktritt vom Vertrag erklären.

eingetragen am: 29.05.2020