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Coronavirus SARS-CoV-2 und Auswirkungen auf Lohnansprüche

Arbeitsrecht

Arbeitsrecht

Die gegenwärtige Situation, eingetreten durch die Corona-Pandemie stellt auch die Parteien des Arbeitsverhältnisses vor gewaltige Probleme.

Den Arbeitgebern brechen durch Geschäftsschließungen die Einnahmen weg, die Arbeitnehmer müssen um ihre Arbeitsplätze fürchten und die, deren Arbeit vorläufig noch gesichert ist, müssen gegebenenfalls die Betreuung ihres Kindes organisieren, weil die Betreuungseinrichtungen geschlossen sind.

Wie verhält es sich in diesen Fällen mit den Lohnansprüchen und/oder gibt es gesetzliche Entschädigungsansprüche?

Soweit in Sachsen auf der Grundlage des § 28 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) durch Allgemeinverfügung Geschäfte und Betriebe wegen eines Infektionsrisikos geschlossen wurden, stellt sich zunächst die Frage, ob der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers ohne Arbeitsleistung fortbesteht.

Ein mögliches Fortbestehen von Vergütungsansprüchen ohne Arbeitsleistung ist in §§ 616 und 615 BGB geregelt.

§ 616 BGB betrifft eine lediglich vorübergehende persönliche Verhinderung des Arbeitnehmers. Abgesehen davon, dass diese Vorschrift einzel- und tarifvertraglich oftmals ausgeschlossen ist, greift sie hinsichtlich der durch Allgemeinverfügung veranlassten Betriebs-/Geschäftsschließung nicht ein, da es sich um keinen persönlichen Hinderungsgrund des Arbeitnehmers handelt und auch nicht lediglich um eine vorübergehende Dauer von ca. 2 bis 3 Tagen.

Dementsprechend besteht für den Arbeitnehmer, der nicht arbeiten kann, weil er sein Kind betreuen muss, kein Vergütungsanspruch nach § 616 BGB. Ist die Arbeitserbringung aufgrund der erforderlichen Betreuung unzumutbar, entfällt zwar die Leistungspflicht, im Gegenzug aber auch der Vergütungsanspruch.

§ 615 BGB regelt das Fortbestehen von Vergütungsansprüchen im Falle des Annahmeverzuges und in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt. Die Allgemeinverfügung der Geschäftsschließung bewirkt nicht, dass der Arbeitgeber in Annahmeverzug gerät, so dass nach dieser Vorschrift das Fortbestehen des Vergütungsanspruchs nur in Betracht kommt, wenn der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt. 

Hierzu hat die Rechtsprechung die sogenannte Betriebsrisikolehre entwickelt, nach der der Arbeitgeber dann das Betriebsrisiko infolge behördlicher Maßnahmen trägt, wenn das Risiko dafür im Betrieb durch dessen besondere Eigenart angelegt war.

Allgemeine Gefahrenlagen, wie Kriege, Unruhen und Terroranschläge zählen nicht zum Betriebsrisiko des Arbeitgebers. In diesen Fällen entfiele der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers. Das Arbeitsverhältnis besteht fort, ohne Arbeitsleistungs- und Vergütungspflicht der Parteien, solange die Gefahrenlage besteht.

Stellt die Corona-Epidemie eine allgemeine Gefahrenlage dar?

Dies dürfte nach hiesiger Einschätzung zu verneinen sein, jedoch werden sich mit dieser Frage im Streitfall zukünftig Arbeitsgerichte zu beschäftigen haben.

Verneint man das Vorliegen einer allgemeinen Gefahrenlage, dann käme es nur noch darauf an, ob das Risiko der Geschäfts-/Betriebsschließung durch behördliche Maßnahmen aufgrund dessen besonderer Eigenart angelegt war. Nach hiesiger Einschätzung dürfte dies für Stadtverwaltungen, Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser, Arztpraxen, Gaststätten und Cafés zutreffen, denn aufgrund ihrer Eigenart sind diese Geschäfte/Betriebe auf einen breiten Personenkontakt angelegt, so dass hier auch das Risiko des Kontakts zu Menschen mit infektiösen Erkrankungen besteht (ob die Arbeitsgericht dies ebenso sehen, bleibt abzuwarten). In diesem Fall bestünden die Vergütungsansprüche der Arbeitnehmer fort.

Daran anschließend stellt sich die Frage, ob wegen der staatlich verfügten Betriebs-/Geschäftsschließung Entschädigungsansprüche gegen den Staat bestehen.

Für die zuletzt auf der Grundlage des § 28 I IfSG vom Sächsischen Staatsministerium erlassenen Allgemeinverfügungen kommen Entschädigungsansprüche nach dem Wortlaut § 56 IfSG nicht in Betracht, da in dieser kein Tätigkeitsverbot und auch keine Absonderung für die in § 56 IfSG genannten Personen angeordnet wurde.

Allerdings wurde mit Wirkung zum 30.03.2020 das Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite verabschiedet und in diesem die bisherige Regelung des § 56 IfSG um den Absatz 1a erweitert. In diesem Absatz ist jetzt ein Entschädigungsanspruch für erwerbstätige Sorgeberechtigte von Kindern unter 12 Jahren oder für Behinderte, die auf Hilfe angewiesen sind, vorgesehen. Voraussetzung ist weiter, dass der Sorgeberechtigte das Kind selbst betreuen muss, weil er keine anderweitige zumutbare Betreungsmöglichkeit sicherstellen kann und hierdurch einen Verdienstausfall erleidet. In diesem Fall führt die durch Allgemeinverfügung des Freistaates Sachsen angeordnete Betriebs-/Geschäftsschließung zu einem Entschädigungsanspruch des Sorgeberechtigten.

Ist das unter 12-jährige Kind erkrankt, bspw. an dem Coronavirus, dann besteht für den arbeitstätigen Sorgeberechtigten, der das Kind betreut und deshalb nicht arbeiten kann, nach § 45 SGB V ein Anspruch auf Krankengeld.

Ansonsten kann ein Entschädigungsanspruch nach § 56 IfSG bestehen, wenn ein Arbeitnehmer an einer Krankheit im Sinne des Infektionsschutzgesetzes erkrankt, die dazu führt, dass ein berufliches Tätigkeitsverbot oder eine Absonderung gegenüber dem Arbeitnehmer ergeht.

Der Entschädigungsanspruch des Arbeitnehmers besteht für die ersten 6 Wochen in Höhe des Verdienstausfalls und danach in Höhe des Krankengeldes. Für Arbeitnehmer hat der Arbeitgeber die Entschädigung für die zuständige Behörde längstens für 6 Wochen auszuzahlen. Die ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet. Die entsprechenden Anträge sind in Sachsen bei der Landesdirektion Sachsen, Altchemnitzer Straße 41, 09120 Chemnitz, zu stellen. Es besteht eine Antragsfrist von 3 Monaten nach Einstellung der verbotenen Tätigkeit oder dem Ende der Absonderung.

 

 

 

eingetragen am: 26.03.2020