Das unwirksame Millionentestament

Von Gesetzes wegen erben in erster Linie Abkömmlinge, Ehepartner oder sonstige Verwandte eines Verstorbenen. Man kann die Erbfolge jedoch durch Testament oder Erbvertrag abweichend regeln und beispielsweise einen Freund oder engen Vertrauten zum Erben einsetzen. Dieser Erbe trägt dann aber das Risiko, dass das Testament wirksam ist.
Zwar ist jeder unabhängig vom Alter und der Einrichtung einer etwaigen Betreuung bis zum Beweis des Gegenteils als testierfähig anzusehen. Nicht wirksam testieren kann aber, wer etwa wegen einer krankhaften Störung seiner Geistestätigkeit nicht mehr in der Lage ist, die Bedeutung eines Testaments oder eines Erbvertrages zu erkennen. Von solchen Personen abgefasste letztwillige Verfügungen sind daher unwirksam.
Stellt sich erst nach dem Erbfall heraus, dass der Erblasser etwa aufgrund einer geistigen Erkrankung nicht testierfähig war, muss der vermeintliche Erbe alle Nachlassgegenstände an die gesetzlichen Erben herausgeben – und das möglicherweise noch viele Jahre nach dem Erbfall.
In einem aktuellen Verfahren vor dem Oberlandesgericht Celle (Az.: 6 U 2/22) ging es um einen Streit um ein sehr hohes Vermögen: Eine alleinstehende und kinderlose Dame mit einem Vermögen von mehreren Millionen Euro hatte durch ein Testament im Jahr 2008 und erneut durch einen vor einem Notar im Jahr 2014 geschlossenen Erbvertrag ihren langjährigen Steuerberater als alleinigen Erben eingesetzt. Sie verstarb im Jahr 2015.
Als der Steuerberater einen Erbschein beantragte, ließ das Nachlassgericht durch ein psychiatrisches Gutachten prüfen, ob die Dame überhaupt testierfähig gewesen war. Der Sachverständige befragte zu diesem Zweck eine Vielzahl von Zeugen, unter Ihnen auch Notare und Ärzte. Er kam zu dem Ergebnis, dass die Verstorbene aufgrund wahnhafter Störungen nicht in der Lage gewesen war, ein wirksames Testament zu erstellen.
Das Gericht hat daraufhin festgestellt, dass der im Testament als Erbe eingesetzte Steuerberater nicht Erbe der Erblasserin geworden ist. Im Berufungsverfahren betonte das Oberlandesgericht, dass es unerheblich sei, ob der Steuerberater die Testierunfähigkeit der Erblasserin kannte oder auch nur hätte erkennen können oder müssen.
Es gehe nicht um einen Vorwurf gegenüber dem im Testament Begünstigten, sondern nur um die Frage, ob das Testament wirksam sei, ob hier also eine Testierfähigkeit der alten Dame vorlag. Auch wenn der Steuerberater gutgläubig gewesen sei und auf die Testierfähigkeit der ihm lange bekannten Erblasserin vertraut habe, helfe ihm das nicht. Trotz seiner Erbeinsetzung im Testament musste der Steuerberater somit alle Nachlassgegenstände an die gesetzlichen Erben herausgeben.
Auch wenn es bei Ihnen nicht um Millionen geht, hilft Ihnen unsere Kanzlei bei Fragen zum Erbrecht gern weiter.
eingetragen am: 15.10.2023