Der Behörde Beine machen

Im Bereich des Sozialrechts hat der Gesetzgeber dem Bürger ein praktisches Mittel zur Hand gegeben, um sich gegen „trödelnde“ Sachbearbeiter im Amt zur Wehr zu setzen. Mit einer sogenannten „Untätigkeitsklage“ lassen sich Entscheidungen einer Behörde beschleunigen. Manchmal hilft allein schon die Androhung, eine solche Klage beim Sozialgericht einreichen zu wollen, wenn nicht bald entschieden wird.
Das betrifft beispielsweise die Gewährung von Leistungen der Krankenversicherung oder des Jobcenters (etwa beim neuen Bürgergeld), den Erlass eines Bescheides durch die Agentur für Arbeit, die Anerkennung als Schwerbehinderter vom Sozialamt, aber auch die Bewilligung einer Rehabilitationsmaßnahme oder einer Rente von der Deutschen Rentenversicherung.
Höchstens sechs Monate für den Bescheid
In allen diesen Fällen muss die Behörde über einen Antrag innerhalb von sechs Monaten und über einen Widerspruch gegen einen Ablehnungsbescheid innerhalb von drei Monaten entscheiden. Dies soll gewährleisten, dass zeitnah über die Anträge und Widersprüche entschieden wird, was ja gerade bei Sozialleistungen besonders wichtig sein kann.
Eine Untätigkeitsklage ist begründet, wenn die Behörde über den Antrag oder den Widerspruch im oben genannten Zeitraum ohne zureichenden Grund sachlich nicht entschieden hat. Als zureichender Grund gilt es z.B., wenn umfangreiche medizinische Ermittlungen durchgeführt werden müssen. Personalmangel ist jedoch kein ausreichender Grund. Die Behörde hat sich nämlich so zu organisieren, dass sie innerhalb der gesetzlichen Frist arbeitet.
Die eigene Mitwirkung ist wichtig
Wichtig ist allerdings, dass man selbst seinen Mitwirkungspflichten nachgekommen ist und auf Anforderung der Behörde alle zur Entscheidung notwendigen Unterlagen beigebracht hat. Und Achtung: mit einer Untätigkeitsklage kann lediglich die sachliche Bescheidung an sich erzwungen werden, nicht jedoch ein bestimmter Inhalt.
Die Untätigkeitsklage vor dem Sozialgericht ist grundsätzlich kostenfrei. In der Regel muss die Behörde die Kosten des Klägers tragen, wenn nicht innerhalb der Fristen entschieden wurde. Wie das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 08.02.2023, Az. 1 BvR 311/22) kürzlich festgestellt hat, darf eine Kostenerstattung auch nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass die Sozialbehörde zunächst auf die zu lange Untätigkeit hingewiesen oder nach dem Sachstand gefragt werden musste.
Die Kosten trägt das Amt
Das Gericht führte dazu genauer aus: "So wie sich Bürgerinnen und Bürger die Versäumung einer Frist regelmäßig strikt entgegenhalten lassen müssen, darf auch der Staat grundsätzlich nicht darauf vertrauen, von Bürgerinnen und Bürgern auf den Ablauf einer gesetzlichen Frist erneut hingewiesen zu werden und eine außergesetzliche Nachfrist zu erhalten". Das klingt doch wirklich mal bürgerfreundlich.
Sie können sich also gern an unsere Kanzlei wenden, wenn einer Behörde mal wieder „Beine gemacht“ werden müssen.
eingetragen am: 25.06.2023