Der verlorenen Schlüssel

Ein Großteil der Bevölkerung ist Mieter
Sicherlich ist es auch Ihnen schon so ergangen, eben war er noch da und plötzlich ist er weg, der Wohnungsschlüssel.
Eigentlich ist das nicht weiter dramatisch, denn der Austausch des Schlosses oder die Fertigung eines Ersatzschlüssels kosten kein Vermögen. Anders verhält es sich jedoch, wenn es sich um einen Schlüssel handelt, der zu einer Schließanlage in einem großen Mehrfamilienhaus gehört. Zwar lässt sich auch hier bei einem Kostenaufwand von bis zu ca. € 100 ein Ersatzschlüssel fertigen, jedoch stellt sich für den Vermieter die Frage, ob nicht die gesamte Schließanlage aus Sicherheitsgründen getauscht werden muss. In diesem Fall können -abhängig von der Größe der Schließanlage- Kosten von mehreren 1000 € entstehen.
Es stellt sich daher die Frage, wann es erforderlich ist, die Schließanlage aus Sicherheitsgründen zu tauschen?
Mit dieser Frage haben sich bereits die Gerichte beschäftigt, mit dem Ergebnis, dass der Vermieter dann zum Tausch der gesamten Schließanlage berechtigt ist, wenn aus objektiver Sicht aufgrund der gegebenen Einzelfallumstände eine fortbestehende Missbrauchsgefahr besteht (Urteil des OLG Dresden vom 20.8.2019, 4 U 665/19; Urteil des BGH vom 5.3.2014, Az. VIII ZR 205/13).
Das Fortbestehen einer Missbrauchsgefahr wurde von den Gerichten dann bejaht, wenn der verloren gegangene Schlüssel so beschriftet war, dass sich ein Bezug zum Wohnobjekt herstellen lässt, oder wenn der Verlust in unmittelbarer Nähe zum Mietobjekt erfolgte. Dagegen wurde das Fortbestehen einer Missbrauchsgefahr von den Gerichten dann verneint, wenn der Schlüsselverlust fernab des Wohnobjektes erfolgte und sich mangels weitergehender Kennzeichnungsmerkmale kein Rückschluss auf das Wohnobjekt herstellen lässt (beispielsweise Verlust eines nicht gekennzeichneten Schlüssels im Urlaub in Mallorca).
Insoweit ist es Sache des Mieters dem Vermieter die Umstände des Schlüsselverlustes zu schildern. Schweigt der Mieter dazu und gibt es auch sonst keine weiteren Anhaltspunkte, dann darf sich der Vermieter zum Austausch der Schließanlage veranlasst sehen (so beispielsweise in der oben zitierten Entscheidung des BGH).
Der Mieter ist dem Vermieter dann zur Erstattung der tatsächlich aufgewendeten Kosten verpflichtet, weil er seine mietvertragliche Nebenpflicht zur Obhut über den nicht mehr auffindbaren Schlüssel verletzt hat. Allerdings kann dem vollen Kostenerstattungsanspruch der Einwand des Vorteilsausgleichs (sogenannter „Abzug neu für alt“) entgegenstehen, wenn die Schließanlage bereits mehrere Jahre alt war. In diesem Fall ist der Kostenerstattungsanspruch des Vermieters um den Vorteil zu reduzieren, den der Vermieter durch den Einbau einer neuen Schließanlage erhält. In dem oben genannten Verfahren des OLG Dresden wurde zur Ermittlung des abzuziehenden Vorteils ein Sachverständiger beigezogen, der zur regelmäßigen Nutzungsdauer einer Schließanlage eine Zeitdauer von 20-25 Jahre angab, weil Schließanlagen einer mechanischen Abnutzung unterliegen.
Unterstellt man beispielsweise Kosten für die neue Schließanlage von € 10.000,- und ein Alter der bisherigen Schließanlage von 10 Jahren, dann ergäbe sich ein Kostenerstattungsanspruch von € 4.000,- (bei unterstellter Nutzungsdauer von 25 Jahren) statt der tatsächlich verauslagten € 10.000,-.
Also, geben Sie auf Ihre Schlüssel Acht.
eingetragen am: 29.05.2022