Gefälligkeitsfahrt - Gefährdungshaftung gegenüber dem Insassen

Verkehrsrecht
Nehme ich in meinem Fahrzeug eine Person aus Gefälligkeit (fremdnützig, unentgeltlich und unverbindlich) mit und es kommt bei der Fahrt zu deren Verletzung, dann hafte ich dem Insassen gegenüber als Fahrer (§ 18 StVG) aufgrund vermuteten Verschuldens und als Halter des Fahrzeuges (§ 7 StVG) verschuldensunabhängig.
Die verschuldensunabhängige Haftung des Halters ist nur bei höherer Gewalt ausgeschlossen (dies ist eine außergewöhnliche und nicht abwendbare Einwirkung von außen; bspw. ein Naturereignis).
Die Haftung des Fahrers ist ausgeschlossen, wenn er nachweisen kann, dass ihn kein Verschulden trifft (§ 18 I 2 StVG).
Auch wenn die Haftung nicht ausgeschlossen ist, kann die Ersatzpflicht aufgrund eines Mitverschuldens des verletzten Insassen eingeschränkt sein, §§ 9 StVG, 254 BGB (bspw. durch Nichtanschnallen des Insassen oder massive Ablenkung des Fahrers durch den Insassen).
Zu erstatten sind die dem Insassen entstandenen Sach- und Personenschäden (einschließlich Schmerzensgeld). Diese kann der Insasse direkt gegenüber der Fahrzeughaftpflichtversicherung geltend machen, § 115 Abs.1 Nr.1 VVG.
In einem vom OLG Karlsruhe entschiedenen Fall aus dem Jahr 1998 (Az.: 10 U 24/98) haftete der Fahrer für Verletzungen eines Insassen, die sich dieser dadurch zugezogen hatte, dass er sich so weit aus dem Fenster des fahrenden Pkw lehnte, dass er herausstürzte. Der Insasse hatte beim Einsteigen hinter dem Fahrersitz Platz genommen. Ein Ausschluss der Ersatzpflicht kam nicht in Betracht, weil das Verhalten des Fahrers zumindest fahrlässig war. Er hätte die Vorgänge hinter seinem Sitz bemerken und auch bei einem Blick in den Rückspiegel wahrnehmen können, dass sich der Insasse während der Fahrt aus dem Fenster gelehnt hatte. Der Fahrer hätte daraufhin die Fahrt unterbrechen müssen. Wegen leichtfertiger Selbstgefährdung wurde jedoch eine Mithaftung des Insassen von 50% angenommen.
Auch wenn es sich um eine Gefälligkeitsfahrt handelte, kommt ein stillschweigender Haftungsausschluss nicht in Betracht, weil eine Fahrzeughaftpflichtversicherung besteht (so im Grundsatz der BGH in den Entscheidungen vom 15. Januar 1980, Az.: VI ZR 191/78 und vom 13. Juli 1993, Az.: VI ZR 278/92).
Es stellt sich daher die Frage, ob ich mich von der Haftung freizeichnen kann. Ein vollständiger Haftungsausschluss ist auch im Rahmen einer Individualvereinbarung (ausgehandelte Vereinbarung für den Einzelfall) nicht wirksam. Ein Ausschluss der Haftung für einfache und grobe Fahrlässigkeit sind dagegen möglich.
Anders ist es bei Verwendung allgemeiner Geschäftsbedingungen (für eine Vielzahl von Vereinbarungen vorformuliert und vom Verwender einseitig gestellt). Hier kann ich zwar die Haftung für Schäden aus der schuldhaft verursachten Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit nicht ausschließen. Ich kann jedoch die Haftung für sonstige Unfallschäden, soweit sie nicht durch eine Versicherungsleistung auszugleichen sind auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränken.
Einen Formulierungsvorschlag für eine Freizeichnungsvereinbarung finden Sie nachfolgend.
Mögliche Vereinbarung einer individuell für den Einzelfall ausgehandelten Haftungsbeschränkung mit Insassen eines Kfz
Vereinbarung einer Haftungsbeschränkung
zwischen
Herrn/Frau ….
-Insasse-
und
Herrn/Frau …
-Fahrer/Halter-
Der Insasse ist mit dem Anliegen an den Fahrer/Halter herangetreten, in dessen Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ....................... aus Gefälligkeit nach ............................. mitgenommen zu werden.
Aufgrund der damit für den Fahrer/Halter verbundenen Risiken handeln die Parteien im gegenseitigen Einvernehmen für diesen Einzelfall aus, dass der Insasse auf eigene Gefahr mitfährt und auf Ansprüche aus einem Unfallschaden gegen den Fahrer/Halter des Fahrzeuges verzichtet, soweit dem Fahrer/Halter kein Vorsatz zur Last fällt. Vom Verzicht ausgenommen sind Direktansprüche gegen die Fahrzeughaftpflichtversicherung, soweit diese nicht beim Fahrer/Halter Regress nimmt.
Der Insasse stellt den Fahrer/Halter von Regressansprüchen anderer Ersatzpflichtiger frei, indem er seine Schadensersatzforderung gegen einen neben dem Fahrer/Halter des Fahrzeuges Ersatzpflichtigen auf den Betrag beschränkt, der der anteiligen Mithaftung des Ersatzpflichtigen entspricht.
Ort, Datum
Unterschrift Fahrer/Halter Unterschrift Insasse
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Mögliche Vereinbarung einer für eine Vielzahl von Verträgen ausgehandelten und einseitig gestellten Haftungsbeschränkung mit Insassen eines Kfz
Vereinbarung einer Haftungsbeschränkung
zwischen
Herrn/Frau ….
-Insasse-
und
Herrn/Frau …
-Fahrer/Halter-
Der Insasse ist mit dem Anliegen an den Fahrer/Halter herangetreten, in dessen Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ....................... aus Gefälligkeit nach ...................... mitgenommen zu werden.
Aufgrund der damit für den Fahrer/Halter verbundenen Risiken erklärt der Insasse, dass er auf eigene Gefahr mitfährt und auf Ansprüche aus einem Unfallschaden gegen den Fahrer/Halter des Fahrzeuges verzichtet, soweit keine Versicherung für den Schaden aufkommt und dem Fahrer/Halter kein Vorsatz oder keine grobe Fahrlässigkeit zur Last fallen. Der Verzicht gilt nicht für den Fall der schuldhaften Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit des Insassen.
Ebenfalls vom Verzicht ausgenommen sind Direktansprüche gegen die Fahrzeughaftpflichtversicherung, soweit diese nicht beim Fahrer/Halter Regress nimmt.
Der Insasse stellt den Fahrer/Halter von Regressansprüchen anderer Ersatzpflichtiger frei, indem er seine Schadensersatzforderung gegen einen neben dem Fahrer/Halter des Fahrzeuges Ersatzpflichtigen auf den Betrag beschränkt, der der anteiligen Mithaftung des Ersatzpflichtigen entspricht.
Der Fahrer/Halter ist damit einverstanden.
Ort, Datum
Unterschrift Fahrer/Halter Unterschrift Insasse
eingetragen am: 09.02.2018