Direkt zum Inhalt springen
Mehr Informationen

Ungeahnte Geldanlage

Miet- und Pachtrecht

Ein Großteil der Bevölkerung ist Mieter

Das Amtsgericht Köln (Urteil vom 19.07.2022 203 C 199/21) hatte sich mit einer kuriosen Kautionsangelegenheit zu befassen.

In dem zu entscheidenden -hier zur Vereinfachung stark verkürzt wiedergegebenen- Sachverhalt wurde die Kaution nicht, wie allgemein üblich, durch Hinterlegung oder Verpfändung eines Geldbetrages geleistet, sondern durch Erwerb eines Geschäftsanteils am Geschäft der Vermieterin, verbunden mit dem Wahlrecht der Vermieterin diesen Geschäftsanteil ganz oder teilweise in eigenen Aktien anzulegen.

Der Mieter zahlte den Geschäftsanteil von DM 800,00 (1960) ein und die Vermieterin legte diesen vollständig in damals 409 eigene Aktien an. Aufgrund von 2 Kapitalerhöhungen wuchs der Aktienanteil später auf 832 Aktien an.

Vereinbarungsgemäß wurden die Aktien aufgrund eines Treuhandvertrages von einem Treuhänder für den Mieter verwahrt. Dieser Treuhandvertrag wurde später mit zum Teil für den Mieter nachteiligen Regelungen abgeändert, von deren Wiedergabe hier zur Vereinfachung abgesehen wird.

Im Falle der Mietvertragsbeendigung war im Mietvertrag vorgesehen, dass die treuhänderisch gehaltenen 832 Aktien einen Monat nach Rückgabe der Mietsache herauszugeben sind. Zudem wurde vereinbart, dass der Vermieterin das Recht zusteht, vom Mieter zu verlangen, dass er die treuhänderisch gehaltenen 832 Aktien einem von ihr zu benennenden Dritten zum Nominalbetrag überlässt.

Im Jahr 2005 wurde das Mietverhältnis beendet und der Mieter mietete eine andere Wohnung aus dem Wohnungsbestand der Vermieterin an. Dabei wurde vereinbart, dass der Mieter zur Sicherheit € 409,03 in der bisherigen Form (Geschäftsanteil von ursprünglich DM 800,00) aus dem vorangegangenen Mietverhältnis überträgt.

Nach dem Tod des Mieters kündigte der Erbe das Mietverhältnis, gab die Wohnung an die Vermieterin zurück und verlangte von dieser zuletzt die Zustimmung zur Herausgabe der Aktien (deren Marktwert war nunmehr auf € 115.648,00 angestiegen) durch den Treuhänder.

Dies wurde von der Vermieterin abgelehnt. Stattdessen zahlte diese dem Erben die vom Mieter ursprünglich geleistete Sicherheit von € 409,03 (DM 800,00) zurück. Damit gab sich der Erbe nicht zufrieden, so dass es zum Rechtsstreit kam, über den das Amtsgericht Köln zu entscheiden hatte.

Das Gericht verurteilte die Vermieterin zur Zustimmung zu Herausgabe der 832 treuhänderisch verwalteten Aktien an den Erben.

Zur Begründung führte es –kurz zusammengefasst- aus, dass sich der Zustimmungsanspruch aus der zwischen den Parteien geschlossenen Sicherungsabrede über die vereinbarte Mietsicherheitsleistung (Kaution) ergibt.

Die Sicherheitsleistung steht dem Mieter zu. Eine hiervon abweichende Regelung wäre nach § 551 Abs. 4 BGB unwirksam (nach dieser Vorschrift ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung zur Kautionsabrede unwirksam). Daher kann sich die Vermieterin nicht darauf berufen, dass der vom Mieter zur Kautionszahlung geleistete Betrag sich nur auf € 409,03 (DM 800,00) belief. Die geleistete Sicherheit nebst Erträgen steht dem Mieter zu, § 551 III BGB.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, weil sie mit der Berufung angefochten werden kann.

Prozessual gab es dabei eine weitere Besonderheit, denn nachdem die Parteien mündlich verhandelten und die Anträge stellten, wurde seitens des Erben nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung die Klage zurückgenommen. Da dies allerdings nach der mündlichen Verhandlung erfolgte, war für die Wirksamkeit der Klagerücknahme die Zustimmung der Vermieterin erforderlich, die diese jedoch verweigerte. Durch diese Verweigerung war die Klagerücknahme unwirksam und das Amtsgericht musste entscheiden.

Die Vermieterin wäre besser beraten gewesen, wenn sie der Klagerücknahme des Erben zugestimmt hätte, denn dann hätte das Amtsgericht Köln nicht urteilen können.

eingetragen am: 08.08.2022