Renovierungspflicht des Vermieters bei unrenoviert überlassener Wohnung?

Mit dieser Thematik hatte sich der BGH (Bundesgerichtshof) in der Entscheidung vom 08.07.2020, Az. VIII ZR 163/18, zu befassen.
Die Ausgangslage war die, dass dem Wohnungsmieter eine unrenovierte Wohnung überlassen wurde bei gleichzeitiger Vereinbarung einer Schönheitsreparaturklausel, ohne Ausgleichszahlung.
Dass eine derartige Schönheitsreparaturklausel unwirksam ist und in diesen Fällen anstelle der Schönheitsreparaturklausel die gesetzliche Regelung gilt, nach der dem Vermieter die Schönheitsreparaturpflichten obliegen, hat der BGH bereits in entsprechenden Entscheidungen im Jahr 2015 und im Jahr 2018 ausgeurteilt.
Meist stellt sich das Problem erst mit der jeweiligen Beendigung des Mietvertragsverhältnisses, wenn der Vermieter entsprechend der Regelung im Mietvertrag vom Mieter die Durchführung von Schönheitsreparaturen zum Zeitpunkt der Wohnungsrückgabe fordert. Ist die Klausel - wie vorstehend ausgeführt - unwirksam, dann kann der Mieter die Wohnung ohne Durchführung von Schönheitsreparaturen zurückgeben.
Wie verhält es sich jedoch, wenn das Mietvertragsverhältnis nicht beendet wird und der Mietvertrag eine unwirksame Schönheitsreparaturklausel für eine unrenoviert vermietete Wohnung vorsieht? Kann dann der Mieter vom Vermieter während des bestehenden Mietvertragsverhältnisses die Renovierung der Wohnung verlangen und, wenn ja, wer bestimmt, wie und in welchem Umfang die Malerarbeiten durchzuführen sind?
Auf den ersten Blick scheint die Sache klar, denn ist eine Schönheitsreparaturklausel unwirksam, dann gilt die gesetzliche Regelung, nach der den Vermieter die Durchführung von Schönheitsreparaturen trifft. Also müsste eigentlich der Vermieter renovieren. Der Mieter würde dann während des fortbestehenden Mietverhältnisses eine frisch renovierte Wohnung auf Kosten des Vermieters erhalten, obwohl er leidglich eine unrenovierte Wohnung anmietete. Er würde mithin bessergestellt, als er bei Mietvertragsabschluss stand.
Dies war auch dem BGH ein „Dorn im Auge“, weshalb er entschied, dass der Mieter in derartigen Fällen zwar vom Vermieter eine frische Renovierung verlangen kann, sich aber andererseits in angemessenem Umfang an den dafür erforderlichen Kosten zu beteiligen hat. Grundsätzlich soll dies eine hälftige Kostenbeteiligung sein, wenn keine Besonderheiten vorliegen.
Zur Begründung verweist der BGH darauf, dass sich die Schönheitsreparaturpflicht des Vermieters grundsätzlich an dem Zustand der Wohnung zum Zeitpunkt der mietvertraglichen Überlassung an den Mieter orientiert, mithin am unrenovierten Zustand, wenn die Wohnung ohne weitere besondere und wirksame Vereinbarung vermietet wurde. Verschlechtert sich jedoch dieser anfängliche Zustand wesentlich, was nach einem langen Zeitablauf seit Mietbeginn naheliegt, dann kann der Mieter vom Vermieter die Durchführung von Schönheitsreparaturen verlangen. In diesem Fall ist aber dann nicht der Anfangszustand (unrenoviert) herzustellen, sondern die Wohnung ist vom Vermieter in einen frisch renovierten Zustand zu versetzen. Weil der Mieter hierdurch jedoch bessergestellt wird, denn er erhält kein unrenovierte Wohnung, sondern eine renovierte, mit der auch Gebrauchsspuren aus der Zeit vor dem Mietverhältnis beseitigt werden, trifft ihn die Verpflichtung zur Kostenbeteiligung (nach den Grundsätzen von Treu und Glauben, § 242 BGB).
Von dieser Kostenbeteiligung kann der Vermieter die Ausführungen der Renovierungsarbeiten gegenüber dem Mieter abhängig machen, d.h. er kann die Ausführungen der Arbeiten solange verweigern, bis der Mieter einen angemessenen Kostenbeteiligungsbetrag an den Vermieter gezahlt hat. Allerdings wird damit wieder ein neuer Streit vorprogrammiert sein, denn in dem jeweiligen Einzelfall könnten Besonderheiten vorliegen, die eine hälftige Kostenbeteiligung nicht rechtfertigen und es kann Streit über die Höhe der erforderlichen Kosten entstehen. Weiterer Streit könnte entbrennen, wenn es um die Art der Renovierung geht, beispielsweise um die Farbwahl oder ähnliches, denn während des Mietvertragsverhältnisses besteht eine Gestaltungsfreiheit des Mieters bezüglich seiner Mieträume, hingegen besteht das berechtigte Interesse des Vermieters die Wohnung am Ende der Mietzeit in einer Dekoration zurückzuerhalten, die von möglichst vielen Interessenten akzeptiert wird (letzteres beispielsweise vom BGH ausgeführt im Zusammenhang mit der Beurteilung der Wirksamkeit einer Schönheitsreparaturklausel in der Entscheidung vom 22.02.2012, Az. VIII ZR 205/11).
eingetragen am: 25.08.2020