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Vorsicht bei mehreren Testamenten

Erbrecht

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Manchmal verfassen Erblasser mehrere, inhaltlich gleichlautende Testamente. Wollen sie ihren letzten Willen später ändern, reicht es aber nicht, nur eines der Originale zu vernichten. Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts München vom 05.05.2020 (Az. 31 Wx 246/19) ist das kein wirksamer Widerruf. Denn auch das verbliebene Testament bleibt wirksam.

In dem verhandelten Fall hatte ein Erblasser zwei im Wesentlichen identische Testamente verfasst. Eines hatte er selbst behalten, das andere hatte er seiner Cousine ausgehändigt, die in dem Testament auch als Alleinerbin eingesetzt war. Sein Betreuer zerriss das vom Erblasser behaltene Testament und verlangte von der Cousine die Herausgabe ihres Exemplars, was diese aber verweigerte.

Nach dem Tod des Erblassers beantragte die Cousine einen Alleinerbenschein. Die gesetzlichen Erben wollten hingegen die gesetzliche Erbfolge durchsetzen und verwiesen zur Begründung auf das zerrissene Testament.

Damit hatten sie keinen Erfolg: Der Erblasser habe zwei Exemplare der inhaltlich selben Verfügung angefertigt. Damit habe es hier nicht nur ein Original und eine Kopie gegeben, sondern zwei Originale. Die Vernichtung des beim Erblasser verbliebenen Originals habe nicht zur Folge, dass das andere Original unwirksam wird. Der Widerruf des Testaments sei durch die Vernichtung nicht wirksam geworden.

Wenn zwei Originale eines Testaments erstellt wurden, reicht nach dieser gerichtlichen Entscheidung die Vernichtung einer der Urkunden nicht aus, um die Erbeinsetzung rückgängig zu machen. Es ist also Vorsicht geboten, wenn man das Testament in mehreren Ausfertigungen erstellt und ein Exemplar an den Bedachten aushändigt.

Sicherer dürfte es sein, nur ein Original anzufertigen und dieses bei den eigenen Unterlagen aufzubewahren oder amtlich verwahren zu lassen. Zumindest sollte darauf geachtet werden, dass sämtliche Schriftstücke wieder vernichtet werden, wenn später die testamentarische Erbeinsetzung aufgehoben werden soll. Möglich ist auch, den Widerruf in eine neue Verfügung aufzunehmen.

eingetragen am: 16.09.2020